Die alte Werkstatt der Schüsseldreher
In Girkhausen ist eines der besonderen Zeugnisse der Sozial- und Alltagsstruktur des Berleburger Oberlandes. Eine ertragreiche Landwirtschaft war in diesen Hanglagen des Rothaargebirges nicht möglich. Die Männer des Dorfes transportierten während des 18. Jahrhunderts als Fuhrleute Wittgensteiner Holzkohle in heimische und weit entfernte Eisenhütten und -hämmer.
Als diese Erwerbsmöglichkeit ab der Mitte des 19. Jahrhunderts mit der industriellen Nutzung der Steinkohle versiegte, verließen die Girkhäuser Handwerker mit dem beginnenden Frühjahr das Dorf und verdingten sich als Maurer und Zimmerleute im Lennetal. Sie kehrten – von kurzen Heimataufenthalten abgesehen – meist erst zur Winterzeit wieder zurück. Um auch im Winter eine Erwerbsquelle zu haben, spezialisierten sie sich auf das Schüsseldrehen. Diese bsondere Form des Holzgewerbes hat in Girkhausen eine Tradition, die bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts zurückreicht. Im Zinsregister des Berleburger Grafen von 1531 wird ein “Hans Schossler” erwähnt, der eine Abgabe “fan dem schossel machen” leistete.
Als Drehkoite (=Drehmulde) wurde ein Wohnraum bezeichnet, in dem die altertümliche Drehbank in den Boden eingelassen war. Mit dieser fußbetriebenen Drehbank konnten aus einem Stück Holz vier bis sechs Schüsseln gedreht werden. Durch die Integration der Werkstatt in den Wohnbereich wurden zudem Heizkosten gespart. Das Löffelschnitzen entwickelte sich in Girkhausen als Nebentätigkeit zum Schüsseldrehen, damit ließ sich das übrig bleibende Abfallholz verwerten. Die erste motorgetriebene Drehbank wurde im Jahre 1922 eingeführt, die letzte häusliche Drehbank wurde erst 1956 aus dem Wohnbereich verbannt.
In der Heimatstube “Die Drehkoite” wird für die Besucher eine dieser alten Drehbänke vorgeführt. Im Obergeschoss des Gebäudes befinden sich weitere Werkzeuge und Drehbänke zur Holzbearbeitung. Als Nachbau wird dort eine “Fidelbank” aus der Zeit von 500 v. Chr. präsentiert. Daneben findet sich die Originalwerkstatt des bekannten Drechslermeisters, Bildhauers und Malers Ludwig Florin, in der viele Girkäuser Drechsler ausgebildet wurden.Darüber hinaus werden Drechselprodukte, Holzwaren und Geschenkartikel aus Holz zum Verkauf angeboten. Einzelne Ausstellungsstücke dokumentieren weitere Aspekte des kulturellen Lebens in Girkhausen.
Quelle: Dieter Pfau in: “Museen und Heimatstuben Siegerland-Wittgenstein”